Schwierige Lage an den Kollegs
Neue Westfälische Nr. 209/36 vom 07.09.2016
Kreis Herford. Die schulische Ausbildung junger Leute an den Berufskollegs muss sich mit dem verändernden Markt entwickeln. Das ist eine der Erkenntnisse, die am Ende einer emotionalen Diskussion im Schulausschuss des Kreises standen. Auch, dass die Situation auf dem (Aus-)Bildungsmarkt sich beständig und dynamisch verändert, war ein Fazit.
Im Kreis Herford allerdings mit viel negativem Beigeschmack, denn die Zahl der Ausbildungsstellen hinkt dramatisch hinter der Nachfrage her. Eigentlich sollte bereits jetzt die Marschrichtung des Schulentwicklungsplans für die kreiseigenen Berufskollegs in Herford, Bünde und Löhne festgelegt werden. Zum Beispiel, wie lange der seit 2013 genutzte ehemalige Standort der Hauptschule Meierfeld in Elverdissen noch vom Anna-Siemsen-Kolleg genutzt werden muss. Doch eben diese Unwägbarkeiten machen es jetzt nötig, dass die Schulentwicklungsplanung mit aktuellen Daten und Perspektiven angereichert wird. Diese Aufgabe soll ein externer Gutachter übernehmen. Die Kosten hierfür betragen 75.000 Euro und sind bereits im Haushalt vorgesehen.
Er soll dem Fachausschuss spätestens im Mai oder Juni einen Zwischenbericht vorlegen, denn der Pachtvertrag mit der Stadt Herford über die Nutzung der Meierfeldschule muss im Bedarfsfalle entweder verlängert oder fristgerecht gekündigt werden. Im Herbst kommenden Jahres soll der Abschlussbericht vorliegen und die Schulentwicklungsplanung in den politischen Gremien besprochen und beschlossen werden.
Besonders stark gestiegen ist die Anzahl internationaler Förderklassen an den Berufskollegs. Mit Beginn des aktuellen Schuljahres hat sich die Zahl solcher Klassen auf 14 erhöht. Neben der Aufnahme von berufsschulpflichtigen Jugendlichen, deren erste zugewiesene Schule eines der fünf Berufskollegs war, wird auch die Aufnahme von Schülern aus der Sekundarstufe I in den kommenden Schuljahren mehr Bedeutung bekommen.
Die internationalen Klassen müssen zudem ins Gesamtsystem integriert werden. Hinzu kommt die Frage der Versorgung der Zugewanderten, die älter als 18 Jahre sind und einen Bildungsgang im Berufskolleg anstreben könnten.
Das veranlasste Friedel Böhse, lange Jahre selbst Leiter eines Berufskollegs, zu der Nachfrage, ob denn alle Bewerber an den Berufskollegs aufgenommen werden. Das konnte Martina Soddemann, Leiterin des Bereiches Schule beim Kreis, ausräumen. "Alle berufsschulpflichtigen Schüler werden betreut."
Doris Römer, eine der beiden Schulleiterinnen, die im Januar in Ruhestand gehen, gab einen Einblick in die Realitäten: "Wir könnten bei den Erziehern doppelt so viele Klassen aufmachen. Aber der Markt nimmt uns diese Schüler nicht ab. Was auch nicht klappt, ist eine Umorientierung auf eine betriebsähnliche Ausbildung."
Friedel Böhse stellte die Kardinalfrage: "Was unternehmen wir als Kreis, um diese katastrophale Situation auf dem Ausbildungsmarkt zu verbessern? Wir müssen den jungen Leuten eine Chance geben!" Ute Krumsiek-Flottmann, ebenfalls kurz vorm Ruhestand, hat eine (Teil-)Lösung: "Wir haben einen Azubi-Coach, zu großen Teilen aus Stiftungsgeldern finanziert."