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Schüler löchern den Professor

Westfalenblatt vom 06.10.2017

»Manchmal bekomme ich schon solche Rückmeldungen«, sagt Hurrelmann. Schließlich ist sein Modell der produktiven Realitätsverarbeitung, mit dem die Persönlichkeitsentwicklung beschrieben werden soll, alles andere als leichte Kost. »Ich gebe dann Tipps, wo die Schüler nachlesen können.«

Eigentlich ist der renommierte Sozialwissenschaftler aber in anderen Sphären unterwegs. Nachdem er lange an der Universität Bielefeld gearbeitet hat, ist er seit 2009 an der Hertie School of Governance tätig. Er gehört zu den leitenden Köpfen der Shell-Jugendstudie – eine der bedeutendsten Untersuchungen zur Lebenswirklichkeit junger Menschen. Entsprechend gerne klopfen Medien bei dem Bildungsforscher an, sobald sie einen ausgewiesenen Experten suchen.

Umso größer war die Freude der Schüler des Leistungskurses Erziehungswissenschaften, als Hurrelmann die Einladung tatsächlich annahm. »Wir hätten nicht gedacht, dass er Zeit hat«, sagt Klassensprecherin Marlene Dietrich (18). Im Unterricht seien Hurrelmanns Theorien ständig Thema, schließlich gehören sie zum Pflichtstoff für die Abitur-Prüfung, die die 17- bis 22-Jährigen bald ablegen wollen. Mit dem anschließenden Jahr in der Praxis sind sie dann auch noch ausgebildete Erzieher.

»Soll ich ehrlich sein? Ich bin ziemlich aufgeregt«, meint selbst Lehrer Thilo Scholz. »Seit Jahren unterrichte ich seine Theorien, jetzt sitzt er plötzlich neben mir.« Bei den angehenden Erziehern legt sich die Nervosität in der zweistündigen Fragerunde schnell. Hurrelmann beantwortet vorbereitete Fragen, sucht aber auch immer wieder die Diskussion. Zum Beispiel, als es um das Konzept der Entwicklungsaufgaben geht. »Hat ihnen das geholfen?« Die Schüler antworten, ohne dass ihnen die Ehrfurcht vor dem internationalen Renommee Hurrelmanns anzumerken ist.

Der 73-Jährige spricht mit den Nachwuchspädagogen über die Lernsituation von Grundschulkindern (»Die stehen heute ganz schön unter Druck.«). Oder über den Unterschied zwischen Jungen und Mädchen in der Schule: Wenn sich Schülerinnen leistungsbereit zeigten, dann würden sie dafür Anerkennung ernten, so Hurrelmann. Bei Jungen führe das schnell zu komischen Blicken – nicht nur von Gleichaltrigen. »Das hat dazu geführt, dass die Mädchen die Jungs überholt haben.«

Kern seiner Arbeit sei es, so erklärt Hurrelmann, Kinder und Jugendliche zu Wort kommen zu lassen – zum Beispiel in der Shell-Studie. Denn dort würden die Betroffenen selbst befragt. Die 32 Schüler des Leistungskursus dürften für diese Einstellung dankbar sein: Schließlich sind sie die »Betroffenen«, die seine Theorien pauken müssen, und nun direkt mit dem Ideenschöpfer selbst diskutieren durften.

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