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Anna-Siemsen-Berufskolleg
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Wie Jugendliche in Freistatt lebten

Heimerziehung: Schülerinnen und Schüler des Anna-Siemsen-Berufskollegs besuchen den Ort,
der durch den gleichnamigen Film bekannt geworden ist


Von Jana Schäfer (Text) und Sema Bahcetepe (Fotos)

Kreis Herford. "Eindrucksvoll, traurig und erschütternd zugleich", sind die Worte eines Schülers während des Aufenthalts der angehenden Erzieherinnen und Erzieher des Anna-Siemsen-Berufkollegs in Freistatt, von dem sie nun berichten.

"Auch heute noch läuft uns diese Erfahrung wie ein kalter Schauder den Rücken herunter, doch sind genau diese Erfahrungen für uns von hoher Bedeutsamkeit. Denn "[...] so wie es mal war, darf es nie wieder werden", hieß es noch Tage später.

Mancher Leidensweg endete im Freitod

Die Heimerziehung wie in Freistatt - vor allem in der Nachkriegszeit - stellt eines der dunkelsten Kapitel für das Leben von rund 500.000 Kindern und Jugendlichen dar. Unter bescheidenen Lebensbedingungen, bestimmt von unmenschlichen Methoden der damaligen "Pfleger", wuchsen in den 1950-er und 1960-er Jahren Kinder und Jugendliche auf, die ihr Leben in vielerlei Hinsicht hätten anders gestalten können, so die Schüler.

Gemeinsam mit Lehrerin Marita Brink-Stucht hatten sich die Herforder Schüler auf den Weg nach Freistatt gemacht. "Dass der Alltag der Kinder und Jugendlichen mit sehr viel Arbeit versehen war, war uns bewusst, dennoch hatten wir die Hoffnung, dass ihnen etwas Freizeit blieb. Dieser letzte Funke Hoffnung platzte und das nicht nur bei uns, auch bei den Kindern und Jugendlichen, die ihre Zeit in Freistatt verbrachten", so die Teilnehmer.

Im Beisein von Rüdiger Scholz, Leiter der Einrichtung, und Wolfgang Rosenkötter, einem damaligen "Zögling" aus Freistatt, starteten die die jungen Leute ihre Zeitreise. Einer der ersten Anhaltspunkte für die Schüler waren die Schienen auf dem Gehweg. Rüdiger Scholz erklärte, dass es damals üblich war, im Moor zu arbeiten. Auf kleinen Waggons fuhren die damaligen Heimkinder in zwei Kleingruppen in das Moor, um Torf abzubauen. Den gesamten Tag, ohne Verdienst, mit blutigen Füßen und einer starken Erschöpfung, für die niemand eine Art Mitgefühl aufwies.

Rüdiger Scholz berichtete, dass die Räumlichkeiten teils nicht wahrheitsgetreu vorzufinden sind, da für den Film "Freistatt" ein Set errichtet worden sei, welches durch visuelle Veränderungen eine Atmosphäre schaffen solle, die der Schrecklichkeit der damaligen "Schwarzen Pädagogik" gerecht werden sollte.

"Trotzdem gab es Räume, die einem das Blut in den Adern haben erfrieren lassen, auch ohne jegliche Veränderungen. Besinnungszellen, in denen nichts als ein Feldbett, ein provisorischer Topf für sanitäre Zwecke und im besten Fall noch eine Bibel zu finden war", so die Schüler. Die jungen Menschen hatten ein elendes Leben, das wurde nun auch dem letzten Herforder Besucher klar. Oftmals endete dieser Leidensweg sogar mit dem Freitod.

Harte, seelische und körperlich belastende Arbeit war nur die Spitze des Eisbergs. Die jungen Menschen hätten das Leid über Wochen, Monate und Jahre hinweg erdulden müssen.

Dazu kamen: Das Beeinflussen ihrer sexuellen Triebe, Versuchsreihen mit diversen Medikamenten, sexueller Missbrauch und eine unerhörter, inhumaner und nicht-wertschätzender Umgang mit diesen Kindern und Jugendlichen. Scholz berichtete, dass jegliche Freundschaft verboten wurde. Ansagen waren klar und Ordnung sowie Strukturen waren mehr als deutlich. Der Hintergrund? Ein schriller Nachklang aus dem Nationalsozialismus.

Eindrucksvoll waren verschiedene Kunstwerke, die im Heimgebäude ausgestellt waren. Im Eingang zu den ehemaligen Wohnbereichen fand sich ein überdimensionales Kreuz.

NW 25.04.2018

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